Dalmatien mon amour – Teil 1
Das römische Jadera fristete zunächst ein bescheidenes Dasein wie viele kleine Orte entlang der Adriaküste, spärlich besiedelt von Fischern in Meeresnähe und Bauern im Hinterland. Um das Jahr 190 v. Chr. wurde der strategische Wert der kleinen Küstenstadt entdeckt, die in den folgenden Jahrzehnten massiv ausgebaut wurde. Die Forts und das Kapitol definierten den militärischen und politischen Wertigkeit des Stützpunktes.
Die vorgelagerten Inseln boten der Hafenstadt ausgezeichneten Schutz gegen Angriffe von der See her. Über viele Jahrhunderte haben die jeweils den Adriaraum dominierenden Mächte, wie die kroatisches Königsdynastie, die schließlich in der ungarischen Krone aufging, später die Venezianer und schließlich das Haus Habsburg. Danach gehörte Zara zum Königreich Italien. Ab 1945 wurde die kleine Metropole in den jugoslawischen Staat integriert. Die bauhistorisch wertvollen Relikte zeugen von der wechselvollen Vergangenheit dieser Küstenstadt, die man deshalb als „Schatzkästchen an der oberen Adria“ bezeichnen kann.
Die berühmte Altstadt mit dem erhabenen Dom der heiligen Anastasia, kroatisch Svete Stosije geweihten Dom, der vom Meere aus bereits viele Kilometer vor dem Einlaufen des Schiffes in die Hafenstadt als markantes Wahrzeichen die Stadt den Ankommenden grüßt. Die Altstadt liegt auf einer Halbinsel und war früher als Festung ausgebaut, die erhabenen Stadttore, einer dieser Eingänge enthält römische Bauelemente, zeugen von der bewegten Vergangenheit der Stadt, deren Mittelpunkt die berühmte „Breite Straße“, auf kroatisch „Siroka Ulica“, die von den Einheimischen „Kalelarga“ genannt wird, ist, deren glatt getretener Belag aus beige-weißen Steinquadern zum Flanieren oder zur Einkehr in eines der vielen Cafés einlädt, um sich an heißen Sommertagen zu erfrischen und das ehrwürdige Ambiente des historisch bedeutsamen Ortes zu genießen. Die Hauptstraße im alten Teil Zadars ist auf römischen Fundamenten aufgebaut. Was könnte dieser uralte Weg für Geschichten erzählen, die diese „Arterie“ der Altstadt über Jahrhunderte „erlebt“ hat? Ball spielende Kinder, fahrende Händler, die lautstark ihre Waren feil boten, Prozessionen, die von der Elite und der hohen Geistlichkeit Zadars angeführt wurden. Im Jahre 1450 versammelten sich dort die Ritter zum Turnier und in neuerer Zeit diente die „Breite Straße“ als repräsentatives Ambiente für Modeschauen
Für manche Bewohner der Stadt ist ihre „Kalelarga“ in einem der vielen Lokale zum Wohnzimmer geworden, in dem man gute Gespräche führt und dabei einen heißen, schwarzen Mocca oder einen Cappuccino, sowie am Abend das eine oder andere Glas Wein oder einen „Gemischt“, der kroatische Ausdruck für „G´spritzter“, genießt. Das kollektive Faible für den beschaulichen Genusses, des Innehaltens, des Tagräumens hat in Zadar eine lange Tradition. Im Selbstverständnis eines alteingesessenen Bürgers gehört es einfach dazu, den Tag mitunter auch mit einem Gläschen Maraschino, dem berühmten Kirschenlikör, bei dem sich schon nach dem ersten Schluck die fruchtig-frischen Geschmacksnuancen Dalmatiens am sensitiven Gaumen entfalten, zu beginnen. Ein gewisser Josip Carceninga lässt sich als Begründer der wechselvollen Historie des Genusses in dieser von romantischen Einflüssen geprägten Hafenstadt anführen. Er legte mit dem ersten Kaffeehaus in Zara den Grundstein für den kollektiven Anspruch auf Sinnlichkeit und Entspannung über Jahrhunderte und Generationen hinweg. Auch andere Persönlichkeiten mit ausgeprägten Geschäftssinn, wie Antonio Cosmacendi, erkannten die Aura der Metropole am Meer, die genussorientiere Besucher aus aller Welt anzog. Sein „Caffé del Casino“ später „Caffé degli Specchi“ waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts als „Hot Spot“ des gehobenen Ambientes weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Die „Nachfahren“ dieser einst repräsentativen Stätten der Gastlichkeit sind heute die Cafés und Bars entlang der berühmten „Sirkoka Ulica“ oder „Kalelarga“, die auf Deutsch einfach „Breite Straße“ genannt wird. Die Altstadt profitiert vom Umstand über Jahrhunderte als „Konzentrationspunkt“ der europäischen Geschichte gedient zu haben.
Die sakralen und weltlichen Wahrzeichen lassen sich als Meilensteine der Stadtgeschichte bezeichnen. Dazu gehört die aus dem 9. Jahrhundert stammende, dem heiligen Donatus geweihte Kirche, ein Rundbau der ob seiner außergewöhnlichen Akustik den Rahmen für klassische Konzerte anbietet. Auch die ursprünglich im romanischen Stil errichtete Basilica der Heiligen Anastasia, als größtes Gotteshaus im dalmatinischen Raum, lädt zur Besichtigung ein, in der die wohltuende Kühle und Ruhe an einem heißen Sommertag einige Momente der Besinnlichkeit offenbaren. Auch die anderen Kirchen, wie St. Simeon oder St. Grisogonus zeugen ebenso wie das Kloster der Heiligen Maria von der eindrucksvollen historischen Symbiose von Kultur und Katholizismus. Auch die weltlichen Meilensteine der für Zadar bedeutenden architektonischen Leistungen, wie das ehemals aus zwei romanischen Baulichkeiten entstandene Palais Grisogono-Vovo, in dem heute das Amt für Denkmalschutz untergebracht ist oder der „Palast des Providuren“, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstand, sind es wert besichtigt zu werden, wenn die Geschichte einer der bedeutsamsten Städte an der kroatischen Adriaküste den Besucher auch wirklich interessiert.
Dazu gehört auch der „Platz der fünf Brunnen“, die einst das größte künstliche Wasserreservoir der Stadt beherbergte, die zur Trinkwasserversorgung diente. Der imposante Stadtturm an diesem Ort bietet einen außergewöhnlichen Blick auf die Altstadt, ebenso wie auf die jüngeren, teilweise von Plattenbauten und alten Industriebauten dominierten Stadtteile. Die klassische Zadar bietet jedoch auch im 21. Jahrhundert innovative Attraktionen aus der Welt der zeitgenössischen Architektur, wie die von Nikola Basic geschaffenen Meeresorgel, in deren ausgeklügeltem Röhrensystem man der vielseitigen Musikalität des Meeres lauschen kann.
Wenn die Abenddämmerung langsam den Tag verdrängt und in der „Blauen Stunde“ sinnlich die Besucher und Bewohner der Stadt gleichermaßen auf zu einem Spaziergang animiert, ist ein neues und besonderes Wahrzeichen Dreh- und Angelpunkt aller Betrachter, der „Gruß an die Sonne“, ein dem Grundriss eines antiken Theaters ähnliches, in die Steinarchitektur der Uferpromenade eingelassenes Bauwerk, bestehend aus mehrschichtigen Glasplatten, die tagsüber das Sonnenlicht aufnehmen und speichern und sich dann am beginnenden Abend einschalten.
Ein faszinierendes Farbenspiel, in dem sich phantasievolle Lichtgemälde regelmäßig abwechseln. Bei genauerem Hinsehen sind in diesem kreisförmigen Kunstwerk alle Planeten unseres Sonnensystems sowie deren Umlaufbahn erkennbar. Die visuelle Attraktion stellt gewissermaßen eine Ergänzung der akustisch agierenden Meeresorgel dar. Der kroatische Architekt Nikola Basic hat auch dieses einzigartige Werk geschaffen. Doch nun noch ein kurzer Blick auf ein historisch bedeutsames Bauwerk, das Arsenal: Das schmucklose Steingebäude war im 16. Jahrhundert, in der Ära als Zadar zum Einfluss- und Machtbereich Venedigs gehörte, eine Produktionsstätte für die Ausrüstungen von Kriegsschiffen, Gewehre, Leinen aller Art, sowie auch Kanonen. Lange Zeit stand das bauhistorisch interessante und wertvolle Gebäude brach und verfiel teilweise. Die Stadtväter Zadars erkannten gerade noch rechtzeitig den Wert des Hauses, das folglich auch stilecht revitalisiert wurde und heute als Veranstaltungsort diverser öffentlicher und privater Events dient. Das offizielle Motto des Hauses „Ein überdachter Stadtplatz,“ trifft manchmal auch wirklich zu. Wenn der Hunger nach Erlebnissen aller Art am Ende eines spannenden Tages mehr oder weniger gestillt wurde, rumort meist der Magen und verlangt nach Nahrhaftem.
Eines der romantischsten Restaurants entlang der gesamten kroatischen Adriaküste ist das Fischrestaurant Fosa, am kleinen, gleichnamigen und im 16. Jahrhundert entstandenen Bootshafen gelegen, geschützt von einem Teil der einst mächtigen Stadtmauer. Man blickt auf das im Mondlicht glänzende Meer, in der Ferne zieht so manch festlich beleuchtete Jacht vorbei und die Gaumenfreuden der dalmatinischen Küche im Angesicht einer sinnlichen Begleitung verfeinern den Reiz eines jungen Abends, der noch so manchen Höhepunkt verborgen hält. Das alte Zara, heute Zadar, ist bestimmt keine schrille Stadt mit dem anderenorts vielfältigem Angebot an bunten, kurzlebigen und seichten Vergnügungen, sondern eine kleine Kulturmetropole, die sich zahlreiche wichtige Phasen der europäischen Geschichte geeint und auf einzigartige Weise präsentieren. Für Musestunden sind lange Spaziergänge an Uferpromenaden empfohlen bei denen man an milden Sommerabenden das tagsüber Gesehene langsam Revue passieren lässt.
Nähre Informationen zur Destination:
Restaurantempfehlung: Fischrestaurant Fosa: