Ein Klaviervirtuose belebt den Wiener Jazz

Jazz - 08.08.2017 - Michael Ellenbogen BA, MA

Die unglaubliche Verve des sensiblen Pianisten, der jeden Ton sanft, ja lieblich den Tasten entlockt steigert beim Zuhörer die begeisterte Konzentration. Das Gehör lässt sich durch das perfekte Spiel verwöhnen. Der bescheiden wirkende junge Mann sollte seine Zauberhände nie mehr vom Instrument nehmen. Der akustische Genuss sollte niemals durch plötzlich einsetzenden Beifall ersetzt werden. Roberto spiel bitte weiter. . . . . .

Robert Pisati

Die müde wirkende Jazzszene der Donaumetropole wird gegenwärtig durch einen Musiker zu neuem, wohlklingenden Leben erweckt, der eine innige Symbiose auf Zeit mit seinem Flügel pflegt. Die Qualität der Interpretation von Werken großer Komponisten die Cole Porter ebenso wie Dave Brubeck beinhalten, lässt keine Wünsche offen. Die erfrischende Darbietung ist Balsam für jedes jazzaffine Gehör. Man hört ihm sehr gerne zu, dem charmanten Herrn Pisati. Doch wie fing alles an bei diesem Ausnahmetalent? „Mein Vater war Schlagzeuger in einer Band. Eines Tages kaufte er ein Klavier, einfach so auf das Geratewohl. Er spielte mit zwei Fingern einfach darauf los, es war einfach rhythmisch, wie bei Lionel Hampton, dem berühmten Jazzvibraphonisten, der auch alle Perkussionsinstrumente meisterhaft beherrschte. Der etwas schüchtern wirkende Musiker senkt kurz den Kopf und lächelt: Mein Vater nahm mich auf den Schoss, er spielte, ich klimperte ein wenig in sein Spiel hinein....so begann meine Passion für diese Musikrichtung“, erinnert sich der Meister des Jazzklaviers. Italienische Musiker Romano Mussolini prägte den Stil der Interpretationen der Musiker, die der Papa des talentierten Künstlers mit dem Schlagwerk unterstützte. „Ich verdanke ihm jede Aktivität am Klavier. Das war niemals ein Muss, die Beziehung zu diesem Instrument entwickelte sich spielerisch,“ lässt der Musikus seine Anfänge Revue passieren. In Pavia, der Perle der Lombardei besuchte der hoch talentierte Bub die Musikschule gemeinsam mit seiner Schwester. „Man nannte diese damals neue Form der musischen Ausbildung „Yamaha-Kurse“. Alle Kinder saßen im Kreis und hatten ihre Mutter mit, damit sie nicht allein sind und zu weinen beginnen würden,“ sinnierte der humorvolle Künstler in dem er sich auf eine rhetorische Zeitreise in seine eigene Kindheit begab. Das außerordentliche Talent des Knaben kristallisierte sich rasch heraus. Er bekam privaten Klavierunterricht und absolvierte auf der Wiener Musikakademie die weitere Ausbildung. Die wichtigste Persönlichkeit im Leben Robertos war seine Großmutter, seine „Nonna“, wie das auf Italienisch liebevoll zum Ausdruck gebracht wird. Nach Ende der Volksschulzeit sowie während seiner gesamten Mittelschulzeit war die weise ältere Dame sein Mentor, Ratgeber, bester Freund und Lebensmensch in einer Person. „Jedes Mal wenn ich bei einer Musikprüfung durchgefallen bin, griff ich nach dem Telefonhörer und rief unter Tränen meine Großmutter an. Sie hatte nichts Besseres zu entgegnen als: „Komm zu mir nach Hause, ich habe eine gute Pasta die auf dich wartet.“ Damit durchdrang sie den Schmerz,“ begibt sich der Pianist auf eine Zeitreise und lädt seine Zuhörer mit seinem unnachahmlichen Charme dazu ein.

Immer wenn der jugendliche Herr Pisati von der Aufgabe des Klavierspiels und der damit verbundenen Ausbildung sprach, ließ seine „Nonna“ ihn fein zubereitete Leckerbissen genießen, ehe es sich der hochsensible Bub es sich dann glücklicherweise anders überlegte. Die Musik blieb die facettenreiche Wegbegleiterin des Wieners mit italienischen Wurzeln. Der Vater führte seinen Sohn bereits in jungen Jahren in die Welt des Jazz ein, wobei dieser mit dem Klavier die Ausdrucksvielfalt dieser Stilrichtung kennen- und schätzen lernte. Eine wichtige Persönlichkeit, die das Talent des Jungen förderte war Piero Schinelli, ein Pianist aus Italien mit dem Robertos Vater jahrelang beruflich spielte. Diese Persönlichkeit eröffnete dem Burschen erst das Gefühl der Faszination, die dieser in sich aufnahm. Das Piano entwickelte sich für den Jugendlichen zu einer Passion, die er bis heute mit viel Hingabe pflegt. Nach bestandener Reifeprüfung wählte Herr Pisati Junior Wien zu seinem Lebensmittelpunkt und begegnete Professor Michael Starch am Musikkonservatorium, der ihn aufnahm und dem Jungpianisten im Zuge der Ausbildung formte. Mittlerweile hat den Künstler auch die Muse zart geküsst. Die erste Jazzballade entschwand seiner Feder und verewigte sich auf dem Notenpapier, das Roberto Pisati bis dato leider unter Verschluss hält. Das Stück sollte bei einem der stimmungsvollen Konzertabende dem Auditorium präsentiert werden. Die Zeit ist augenscheinlich noch nicht reif dafür.

Dennoch feiert das „Roberto Pisati Trio“ nicht nur ausgewiesenen Jazzliebhabern Erfolge. Seit zwei Jahren begeistern Professor Wolfgang Wallisch am Kontrabass, Professor Peter Grüneis am Schlagzeug sowie der Maestro am Klavier mit ihren feinen Darbietungen. Was ist das Geheimnis des Erfolges dieser Formation? Peter Grüneis bringt es auf den Punkt: „Durch seinen geringen Aufwand und seine dadurch bedingte konzentrierte Darbietung wird das Spiel sehr dicht und intensiv. Das schlägt sich sofort auf das Publikum nieder. Wir merken das sofort an der Stimmung.“ Peter setzt seine brushes zart aber effektiv ein, der Pianist baut die Stimmung mit seiner sparsamen Phrasierung auf. Die bislang raren Konzerte des kongenialen Trios machen Lust auf mehr. Die Produktion einer CD wäre längst fällig und die stetig wachsende Fangemeinde begehrt diese längst. Roberto, Peter und Wolfgang haben sich die Realisierung einer Platte, gleichgültig ob Vinyl oder Compactdisc fix vorgenommen. Der Besuch eines ihrer nächsten Konzerte wäre für Freunde dieser Musikrichtung Pflicht. Der österreichische Jazzhistoriker Klaus Schulz wäre begeistert gewesen und der Doyen des Wiener Kabaretts, Karl Farkas hätte wahrscheinlich gesagt: „Hören Sie sich das an....“

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Der Autor dieses Artikels
Michael Ellenbogen BA, MA
Michael Ellenbogen
Michael Ellenbogen BA,MA, geboren in Wien, seit 1993 als freier Journalist in Wien tätig, hat Politikwissenschaft in Wien studiert und das interdisziplinäre Studium der Balkanwissenschaften abgeschlossen.