Eine Insel für Generationen

Geschichte - 08.12.2017 - Michael Ellenbogen BA, MA

Familie Hawlina aus Silba - eine Familie mit Geschichte

Onkel Tones erste Reise Die vielseitig interessierte und ständig aktive Persönlichkeit war das 2. von insgesamt 9 Kindern eines Ärzteehepaares aus Ljubljana, das durch eine spannende Geschichte auf die geheimnisvolle, kleine Insel Silba aufmerksam wurde. Peters Tante Marija, die Schwester seines Vaters sowie ihr Mann Anton besuchten das stromlose Eiland 1956 nach einer langen Reise mit dem damals neuen Passagierschiff „Vladimir Nazor“, die im Hafen Koper seinen Anfang nahm. Die Reise dauerte dennoch über 20 Stunden, es war ermüdend aber interessant zugleich mit dem weißen Schiff gen Silba zu fahren. Es war schon dunkel als das Linienschiff in Mali Losinj einlief. Wie lange wird es noch auf die kleine Insel dauern? Noch eine Stunde Nachtfahrt, ehe sich die dunkle Silhouette des unbeleuchteten Eilandes deutlich vom sternenklaren Himmel abhob. Das rote Licht des Leuchtturms am kleinen Hafen Zalic kam näher. Bald war auch die kleine Laterne, die, wie Peter Hawlina später erfuhr, Mario Motusic, ein Mann aus einer der ältesten Familien der Insel Silba, an das Ende des Kais stellte, um dem Kapitän das Anlegemanöver zu erleichtern. Die Mole war hoch und schmal. Eine Menschenmenge drängte sich Kai.

Gefährliche Ankunft Für die aussteigenden Passagiere war der Weg durch die Menge an neugierigen Insulanern vorbei nicht ungefährlich. Rasch konnte man an den Rand der künstlichen Landzunge gedrängt werden und lief Gefahr ins Hafenbecken zufallen. Man musste sich geschickt anstellen und jederzeit ein Lächeln aufsetzen, sowie eine Ausrede parat haben, warum man denn so rasch durchgehen wollte. Nicht alle am Kai Anwesenden akzeptierten eilige Zeitgenossen. Strom gab es zwar keinen, dafür aber liebe Menschen, die einige der erschöpften Reisenden bei sich aufnahmen, sie labten sie und bereiteten Ihnen danach eine Bettstatt vor. Die Lebensbedingungen auf dem kleinen, abseits des elektrischen Stromes gelegenen Inselchens waren einfach, bodenständig und ehrlich. Die Zeit schien stehengeblieben Aber die Herzlichkeit der Gastgeber machte die Zweifel allesamt zunichte. Die Neuankömmlinge, eigentlich fast schon Pioniere wurden von einer außergewöhnlichen Dame aufgenommen. Dona Lovrina war konservativ, sie war freundlich, aber bestimmt, die ihr eigene Art der Zurückhaltung spürten selbst die übermüdeten Reisenden. Das alte Haus war nur mit ein paar Kerzen erleuchtet. Eine alte Taschenlampe tat auch ihren Dienst. Es war wie als ob eine Zeitreise in ein längst vergangenes Jahrhundert beginnen würde. Das bescheidene Abendmahl, etwas Schafskäse und Wein. Dann das kleine Zimmer, ja eine Kammer unter dem Dach. Anfangs war es fremd, nahezu unheimlich. Aber irgendwie war es doch einladend und entfachte die Neugier auf den kommenden Tag. Silba präsentierte sich seinen neuen Gästen jungfräulich, frisch, klar und makellos. Die klaren Konturen des Velebit-Gebirges, die erquickliche, unendlich belebende Luft, ein paar kreisende Möwen, nahe dem alten Anwesen einige Mauersegler, fantastische Flieger. Eine Idylle, die gefangen nimmt, die man festhalten würde, doch unbarmherzig treibt die Zeit die Sonne voran.

Genussreiche Morgenstund. . . . Das Meer in all seinen Farbschattierung – von tief blau bis türkis glänzt und glitzert. Sie Sonnenstrahlen tanzen auf der ruhigen Oberfläche, träge, ganz glatt, einem Spiegel gleich. Man will plötzlich ein Teil von diesem ewigen Nass sein, ein Sprung hinein in eine erfrischende Welt. . . .alles schäumt, man sinkt leicht dem Grund entgegen, ehe man mit einem Ruck wieder zur Wasseroberfläche und darüber hinaus schießt. Schwimmen macht hungrig. Im genossenschaftlichen Hotel gab es ein Mittagessen, ebenso wie in einer privaten Unterkunft. Das Mahl war einfach, aber sättigend. Fisch in einigen Variationen war das Hauptnahrungsmittel. Zwischen jedem Bissen ein Schlückchen Rotwein. Romantischer kann ein Mittagessen auf Silba kaum sein. Danach ein Schläfchen unter den Schatten und süße Träume spendenden Tamarisken. Peters Onkel Tone sammelte diese Eindrücke damals in den 1950er Jahren, ehe er mit seiner Frau weiterreiste, um Zadar, Sibenik, Split und Dubrovnik auch wegen der Musikfestivals zu besuchen.

Die Familie Hawlina kommt nach Silba Zur selben Zeit verbrachten die Hawlinas den Sommer in Novalja. Erst nach den Ferien, dem Ende des Sommers trafen sich Vater und Mutter Hawlina mit dem Onkel und der Tante um Erlebnisse in der schönsten Zeit des Jahres auszutauschen. Die schwärmerischen Ausführungen Onkel Tones mobilisierten die Neugier von Herbert und Ana. Dieses Eiland scheint eine magnetische Wirkung zu haben. Im kommenden Sommer würde die Reise nach Silba gehen. Das Ehepaar kam mit seinen Kindern und. . . .blieb. Anfangs wurden Zimmer für 9 Leute gemietet, doch die Faszination am Facettenreichtum dieser Insel ließ sie hier verweilen. Alte, meist baufällige Häuser, eigentlich Ruinen wurden besichtigt. Im Jahr 1957 hielt sich das allgemeine Interesse an Immobilien auf Silba noch in Grenzen. Die Bleibe eines Herrn Rodic aus Zagreb hatte es den beiden Ärzten aus Ljubljana angetan. Man kontaktierte den Mann, sprach miteinander und wurde handelseins. Ab dem darauffolgenden Jahr wurde gebaut, renoviert und gestaltet. Das zukünftige Familienrefugium war bald fertiggestellt sein und damit der Lebensmittelpunkt der Familie Hawlina auf Silba . . . .für Generationen.

er zweitälteste Sohn ist heute der bekannteste Repräsentant der Familie auf der Insel Silba Peters Kindheit war geprägt von vielen Erlebnissen. Er fügte sich dem einfachen und manchmal wilden Leben auf dem Eiland. Herbert und Ana erzogen ihre Kinder zur Selbständigkeit. Das Geheimnis hieß Anpassung und Überwindung. Für einen verwöhnten Stadtjungen wäre die naturbelassene Insel zu einfach und böte kaum annehmbare Herausforderungen an. Anders bei Peter. Silba erkor er zu seiner neuen Heimat. Wenn ihm die Hitze eines Sommertages den Schweiß über Stunden aus den Poren trieb, trank er aus einem Kübel Zisternenwasser, obwohl manche Einheimische davor warnten. Peter wuchs zum Mann heran. Seiner Seele nach war er bereits ein „Silbaner“. Auch seine Geschwister bewog die unergründlich starke Aura der Insel zum Bleiben. Der starke junge Mann gründete eine Familie. Allen seinen Kinder, ob den Söhnen Jure, Miha, Jaka, Nace oder Cene (Vinzenz) ebenso wie seinen Töchtern Lisa, sowie Iva und Eva, den Zwillingen vermochte er diesen Geist der sinnlichen Ewigkeit erfolgreich zu vermitteln. Die Musik war dabei ein „Mittler“ ein willkommenes „Instrument“ die Wesenszüge seiner Liebsten diesem Garten Eden gemäß auszurichten. Man verstand es Feste zu feiern, zu kochen, zu schlemmen und Bacchus´ berauschende Säfte zu mannigfach zu genießen. 

Sie kamen, sahen und. . . .feierten. . . . Die Familie Hawlina kreierte die Genuss- und Festkultur auf Silba. Es wurde musiziert, gelacht, getanzt, gesonnt, geträumt, geliebt, genossen. Die Insel war so weit weg von allem Urbanen und die Slowenen sind ein kleines aber bodenständiges Völkchen, das die Lebenslust zu gestalten versteht. Immer legten kleine Schiffe im Osthafen, dem „Mul“, oder dem Westhafen, dem „Zalic“ an. Die weißen Dampfer der „Jadrolinija“. Doch eines Tages im Jahre 1979 kam ein großes Schiff, für die kleine Insel ein „Ozeanriese“ weiß mit blauem Kamin, ein Ereignis über Jahrzehnte. Die „Marina“ brachte ein bischen „große Welt“ in das Inselleben, für die Hawlinas der Anlass ein kleines Orchester zu gründen. Die erste Hälfte der 1980er Jahre war die Zeit als die Mannen und Damen aufspielten. Immer wenn die alte, stählerne Dame aus Dänemark anlegte wurde aufgespielt. Es war als ob er der ganze Ort mitzog, mitsang, klatschte und das wunderschöne Schiff feierte. „Marina“, „Marina“, „Marina“ wurde zur Hymne der Begeisterung. Man feierte die Erhabenheit dieses scheinbar ewigen Wasserfahrzeuges. Im Jahr 2006 ging die alte Dame mit 70 Dienstjahren an der Schraube in „Pension“. Heute in Rijeka als Hotel-Schiff eine Stilikone. Die Musik der Hawlinas blieb. Miha als begnadeter Saxophonist und engagierter Musiklehrer gestaltet ebenso wie Jaka, ein außerordentlicher Trompeter so manches Klangerlebnis auf der Insel Silba. Wenn Mirza Ellenbogen, geborene Zagreberin und in Wien lebende Apothekerin für die Pflege und Unterstützung alter und hilfsbedürftiger Silbaner singt, präsentieren die beiden Brüder ihr facettenreiches Können. Peter das Familienoberhaupt genießt seine Buben, deren Entwicklung er mit viel Liebe zu fördern verstand. Er ist ein vergeistigter Teil dieses magisch anmutenden Eilandes geworden, ein „Homo Selvensis“ könnte man mit Fug und Recht behaupten, wenn man den Umstand, dass er nicht auf der Insel geboren wurde, einmal außer Acht lässt.

Herrn Hawlinas bezaubernde Vielseitigkeit Mittlerweile genießen auch Peters Enkelkinder das glasklare Wasser, die stillen Buchten, die lauen Nächte, den sternenklaren Abendhimmel und so manche lukullische Köstlichkeit der Insel, wie die „Pastizada“. Ein einfaches aber wohlschmeckendes und bald sättigendes Teigwarengericht, die Ingredienzien werden meist von Hand zubereitet. Peter kennt die Einheimischen, die Gäste, gleichgültig, ob jung oder alt. Er, der wortgewaltige Mann, unterhält sie alle. Er weiß Geschichten, über die man staunen kann. Über manches schmunzelt der Zuhörer. Ein gemeinsamer Abend mit diesem Mann ist ein Garant für Augenblicke voller Humor und Wortwitz. Als leitender Repräsentant des größten US-IT-Konzerns hat er sein Talent Menschen für sich begeistern zu können, perfektioniert. Diskussionen und Gespräche mit ihm sind immer erfrischend. Stundenlang könnte man der vielseitig begabten Persönlichkeit lauschen: „Jeder Tag auf Silba bietet mehr als ein Tag in der „Zivilisation“. Seine Tochter Iva eindeutig auf den Punkt: „Das ist mein Zuhause.“ Peter genießt sein Familienleben, in dem er voll und ganz aufgeht. Er der diese Insel, zu einem seiner Lebensmittelpunkte auserkoren hat, sammelt Informationen über seine Lebensinsel, die er in seinem Blog im Internet präsentiert. Auch als Schreibender hat er seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt. Wer Silba erforschen und richtig kennenlernen will, sollte sich Peter anvertrauen. Er ist der kompetente Begleiter für alle noch nicht bewanderten Reisenden, Urlauber, Ruhesuchenden oder Zeitgenossen, die nicht nur die Natur, sondern das Beschauliche schätzen. Die kleinen Dinge des Lebens, die man, abgeschaltet und nicht gehetzt vom rhythmischen Berufsleben sanft kennenlernen und genießen lernen darf. Peter ist zweifellos ein „Mann für gewisse Stunden“. Die Hawlinas leben eine Art moderne Robinsonade, die sich in ihrer tiefen Verbundenheit zu dieser Insel für Generationen manifestiert.

Alle Fotos: Familie Hawlina

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Der Autor dieses Artikels
Michael Ellenbogen BA, MA
Michael Ellenbogen
Michael Ellenbogen BA,MA, geboren in Wien, seit 1993 als freier Journalist in Wien tätig, hat Politikwissenschaft in Wien studiert und das interdisziplinäre Studium der Balkanwissenschaften abgeschlossen.