Kunst und Natur in faszinierender Symbiose auf dem Wilhelminenberg in Wien

Lukullus - 26.03.2015 - Michael Ellenbogen BA, MA

Kunst und Natur beinhalten Begriffswelten von nahezu unendlich scheinender Bandbreite, in der individuelle Fantasien und Träume ihren Platz finden können, wobei die künstlerische Ebene aktiven Formens in stetiger Entwicklung immer wieder neue Gestaltungschancen für die Kreativität hervorzurufen vermag, während die Natur seit Äonen einem eigenen Regelwerk gehorcht, in dem auch der Mensch mit seinem Erscheinen, als Teil des Systems, bestimmte Funktionen erfüllt.

Eine große Herausforderung besteht aber in einer sehr behutsamen Verschmelzung beider Bereiche, die besonderes Einfühlungsvermögen voraussetzt, wie dies gerade bei manchen LandArt-Projekten der Fall ist.

LandArt ist eine in Interaktion mit der Natur kunsthistorisch langsam gewachsene Kunstgattung mit vielen Facetten, in denen die Individualität und subjektive Sichtweise der KünstlerInnen ganz besonders hervortreten und ästhetische Denkmuster als wesentliche Grundlagen bei der Realisierung von Projekten berücksichtigt werden.

Die altehrwürdige Wiener „Villa Aurora“ aus dem Jahre 1785 als wichtige Vertreterin der weitreichenden Architekturgeschichte der Donaumetropole bietet auf dem weitläufigen Predigtstuhlplateau des Wilhelminenbergs die idealen Voraussetzungen, um sensiblen Objekten der LandArt spezifische Auftrittsvarianten im Verlauf der Jahreszeiten zu ermöglichen, ohne die bestehenden ökologischen Strukturen zu beeinträchtigen. Das Gegenteil ist der Fall – der Park dient einer nahezu perfekten Vereinigung origineller Exponate mit unverfälschter, also naturbelassener Umgebung.

Die BesucherInnen haben die Möglichkeit sich aktiv mit jedem der Kunstwerke auseinanderzusetzen, wobei gerade die philosophischen Hintergründe der einzelnen Schöpfungen eine besondere Herausforderung für sensitive und kunstaffine Gäste darstellen.

Villa Aurora

Der Wiener Objektkünstler Friedrich Robert Falkner hat es auf eine genial anmutende Weise zustande gebracht, viele das Refugium „Villa Aurora“ mit seinem entzückenden „K & K Restaurant“ aufsuchende AusflüglerInnen zunächst zu einer gemütlichen Zeitreise in die Vergangenheit einzuladen, um sie dann auf Pfade durch die Natur zu führen. Jedes Kunstobjekt in diesem Wundergarten kann als Meilenstein auf einer Gedankenbahn angesehen werden.

„Plaudern im Hain“ könnte man vielleicht das Stillleben bezeichnen, in dessen Mittelpunkt jene weiße Outdoor-Sitzgarnitur des französischen Stardesigners Philippe Starck zu finden ist, die besonders im Frühling eine nahezu magische Wirkung auf jeden Liebhaber edler und doch einfacher Gestaltungsideen ausübt. Das heimelige Licht der Stehlampe entspannt bei jedem Wetter und lässt persönliche Perspektiven genießen.

Der Rundgang geht weiter und führt zu einer eigenwilligen Attraktion, einem übergroßen Holzrahmen, der alle Vorstellungsreserven der Staunenden mobilisiert: Gelangt man doch mit einem Blick durch dieses „Fenster“ in ein ganz persönliches Wien, einen Ort, in dem plötzlich neue Aspekte entdeckt werden können. 

„Lebendes Panorama einer besonderen Natur-, Stadt- und Menschenlandschaft“, so die ausführliche und zum Nachdenken animierende Namensgebung dieses Werkes, das im Sinne einer leichteren Verständlichkeit auch „Du schönes Wien, Du!“ genannt werden will.

Gleich darauf stolpert man fast über einen grauen Steinriesen, der sanft auf einem Kiesbett ruhend, verwundert auf das Häusermeer blickt. Worauf wartet der gigantische Mann? Woher kommt er? Er scheint seine nunmehrige Heimstatt, das Plateau zu beschützen. 

„Das Erwachen. Adams zweite Chance?“ lautet der Titel des Kunstwerks. Jetzt wird klar: Seine Eva könnte bald kommen und ihn - im Sinne der Geschichte - vielleicht nochmals verführen wollen.

Villa Aurora

Die Besichtigung führt noch weiter zu einem offensichtlich gestrandeten Wasserfahrzeug, das, vielleicht vom Urmeer getragen, hier seinen endgültigen Ankerplatz gefunden hat. Die „Arche Aurora“, jedoch als Fischkutter einst auf den Wogen der Nordsee vor der dänischen Küste unterwegs, gelangte auf abenteuerlichen Routen an den Predigtstuhl und weist mit seinen Positionslichtern verirrten Wanderern den Weg. Das Schiff hat hier die Funktion eines Leuchtturms am Rande des Wienerwalds, als Orientierungspunkt sowie Metapher und dient auch dazu, die Beschaulichkeit und Anmut einer Landschaft näher zu bringen, in der Architektur, Kunst und Natur in so einzigartiger Weise zueinander gefunden haben.

Seit kurzem ist schließlich auch ein Symbol der Musik zu einem überdimensionierten 6 Meter hohen Wegweiser dieses künstlerisch geprägten Areals geworden: „Der Notenschlüssel“. Er ist gleichsam hier auf einen Baum geflogen und blickt auf Wien, eine Weltstadt der Musik, wo schöne Klänge manchmal in der Luft zu schweben scheinen. Abend für Abend lädt dieses hell-leuchtende Sinnbild auch zum „Konzert der Natur“ ein, in dem die wogenden alten Kastanienbäume vom ausklingenden Tag singen und deren Blätter und die Vögel das Arrangement einer Waldsymphonie vollenden. An windstillen Abenden kann man noch andere Kompositionen der Natur genießen: Wenn die Grillen zirpend aufspielen und die Lichter der Großstadt zugleich fern und nah sind, will man das Plateau der „Villa Aurora“ gar nicht mehr verlassen.

LandArt-Park der Villa Aurora
Wilhelminenstraße 237
1160 Wien

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Der Autor dieses Artikels
Michael Ellenbogen BA, MA
Michael Ellenbogen
Michael Ellenbogen BA,MA, geboren in Wien, seit 1993 als freier Journalist in Wien tätig, hat Politikwissenschaft in Wien studiert und das interdisziplinäre Studium der Balkanwissenschaften abgeschlossen.