Der nächste Sommer am Wilhelminenberg in Wien kommt

Lukullus - 08.12.2017 - Michael Ellenbogen BA, MA

Die Villa Aurora am Wilhelminenberg in Wien.

Die knappe Zeit dirigiert die Menschen auf ihren Wegen voller Aufgaben und Herausforderungen. Der Homo sapiens als immer aktives Wesen benötigt aber Erholungsphasen, in denen sich Geist und Seele auf dem weiten Gebiet der Fantasie bewegen und aus dem Korsett des Alltags entfliehen können. Das beste Sprichwort in diesem Sinn: „In der Ruhe liegt die Kraft“ bezieht sich auf bestimmte Kraftorte, an denen Energie spürbar das Innere der Besucher belebt. Belebung wie zum Beispiel: Im Gras neben der altehrwürdigen „Villa Aurora“ in der Wilhelminenstraße in Wien Ottakring liegen und die Zeit anhalten; die Hand der/des Liebsten halten; innigste Augenblicke zu wohligen Ewigkeiten werden lassen; ein Konzert milder Lüftchen, dargebracht vom Orchester alter Kastanienbäume. Darüberhinaus: Ein Fünfmeter-Riese aus Stein, Mitglied des „Aurora Land-Art-Parks“ blickt auf das Häusermeer der Donaumetropole und wacht über die Liebenden und all jene, die sich auf dem „Predigtstuhl-Plateau“ des Wilhelminenbergs mit dem schönsten Blick auf Wien eingefunden haben.

Ferner: Ein weiteres Objekt für eine Reise auf den Wogen der Fantasie hat am Hang des Hügels seinen endgültigen Ankerplatz gefunden: Die „Arche Aurora“. In der Dämmerung ziehen ihre Positionslichter neugierige Betrachter an. Jeder Träumer kann ihr Kapitän sein. Jeder Tag bietet eine Gelegenheit zum Feiern: Gleich daneben das „Wolkenkuckucksheim“, ein alter Bergbauernhof, übrigens der letzte Wiens, gewährt dafür den bodenständigen Rahmen: Mit Weggefährten liebevoll zubereitete Schmankerln der Altwiener Küche ausgiebig genießen. Kurzlebig-Trendiges bleibt also draußen auf der nahegelegenen Gallitzinstraße. Apropos Gallitzin: Der Botschafter des Zaren am Hofe Joseph II, Fürst Demeter von Gallitzin, liebte diese Region. Auf dem Wilhelminenberg ließ er sich nieder und ein Schlösschen mit einer verspielten Parkanlage wurde zu seinem Domizil. Seine erhabene Villa etwas unterhalb der Residenz präsentierte sich regelmäßig als Mittelpunkt großzügiger Gastlichkeit. Persönlichkeiten des europäischen Hochadels und Würdenträger des öffentlichen Lebens gaben sich in den von Isidore Canevale 1785 errichteten Räumlichkeiten ein Stelldichein. Der berühmte österreichische Architekt, auch Erbauer der Kleinen Gloriette im Schönbrunner Schlosspark, gehörte zum persönlichen Freundeskreis des Fürsten.

Die von edler Schlichtheit geprägte Baulichkeit hat ihren Charme bis in die Gegenwart behalten und ihre entspannende Aura bietet auch heute noch den Rahmen für angeregte Unterhaltungen und spannende Diskussionen, währenddessen die Urbanität unterhalb des Hügels brodelt. Die ländlich anmutende Idylle lädt zu längerem Verweilen ein, besonders wenn sich Appetit auf ein feines Mahl regt und Mußestunden zur Verfügung sind. Jeder Gaumen findet im gastlichen Haus auf diesem schönen Hochplateau seine persönliche Herausforderung; entweder durch außergewöhnliche Cordon-Kreationen, die der Herr des Hauses, der Wiener Konzeptkünstler Friedrich Robert Falkner selbst ersonnen hat, oder durch köstliche vegan/vegetarische Gerichte, die das Bedürfnis nach einer fleischlosen Mahlzeit auf höchstem Niveau befriedigen; beides lässt sich mit Fug und Recht als absoluter Genuss bezeichnen.

Der Reichtum an Faszinationen für alle Sinne lässt ohne Zweifel die Bezeichnung Arkadien für dieses Fleckchen Erde zu, das mit seiner Ursprünglichkeit bei stilvollen und sensitiven Genießern Anklang findet. Dieses Wahrzeichen Wiens am Rande des Wienerwaldes ist ein Tipp für alle Reisenden aus nah und fern, die liebenswürdige Einfachheit mit historischem Hintergrund suchen. Der Zauberberg hoch über der Metropole lädt als „Refugium der Stille“ zum Verweilen und Träumen ein, da es sich an diesem Ort vortrefflich mit der Seele baumeln lässt. Eines ist jedenfalls sicher: Der Muse fällt es hier leicht, so manchen Künstler zu inspirieren: Schnell ist ein Schreibblock gezückt, der Stift fliegt über die Seiten, Worte beleben diese. Der Fotograf entdeckt das unerwartete Motiv, der Maler verewigt seine Eindrücke in Farben und Formen.

Die Errichtung dieses so besonderen Gebäudes fiel in die Zeit der Romantik, in deren Dichtungen Gefühle und Stimmungen im Vordergrund standen. Außergewöhnliche Vertreter dieser Epoche, wie Clemens Brentano, Joseph von Eichendorff, Nikolaus Lenau oder Eduard Mörike schufen damals Werke, die heute zum Erbe der Weltliteratur gehören, wie zum Beispiel dieses Gedicht von Joseph von Eichendorff, das zur lieblichen Atmosphäre der „Villa Aurora“ passt, als wär’s für sie geschrieben: Mondnacht Es war als hätt‘ der Himmel Die Erde still geküsst, Dass sie im Blütenschimmer von ihm nun träumen müsst‘. Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus.

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Der Autor dieses Artikels
Michael Ellenbogen BA, MA
Michael Ellenbogen
Michael Ellenbogen BA,MA, geboren in Wien, seit 1993 als freier Journalist in Wien tätig, hat Politikwissenschaft in Wien studiert und das interdisziplinäre Studium der Balkanwissenschaften abgeschlossen.